
Leider wurde unser Einwohnerantrag in der letzten Ratssitzung mit den Stimmen von CDU, Freie Wähler und SPD abgelehnt. Allerdings sind wir uns sicher, dass sich in Sachen sozialer und kommunaler Wohnungsbau zukünftig etwas tun wird. Die Debatte wurde gestartet und auch die Stadt möchte eine Veranstaltung mit Mietern und Vermietern machen, die unserem Vorschlag nach ähnlich ist. Der Antrag war also obwohl er abgelehnt wurde schon mal ein kleiner Erfolg.
Der Antrag der CDU-Fraktion, dass Menschen, die für unseren Einwohnerantrag unterschrieben haben, von der Stadt angeschrieben werden sollen, ist unserer Meinung nach lediglich eine Einschüchterungstaktik und verstößt außerdem gegen den Datenschutz. Die ca. 200 Einwohner Haslachs haben unseren Antrag unterschrieben, weil sie mit den Forderungen einverstanden waren und diese unterstützten. Sie vertrauen darauf, dass die Daten auch nur für den vorgesehenen Zweck verwendet werden. Wir sind uns aber sicher, dass der neue Bürgermeister den Antrag der CDU aus Datenschutzgründen als rechtswidrig zurückweist.
Die Rede unseres Stadtrates
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Armin Hansmann, liebe Kolleginnen und Kollegen,
letztes Mal konnte ich mich leider gegen diverse Vorwürfe und falsche Interpretationen des Einwohnernatrages nicht wehren, deshalb möchte ich jetzt nochmal kurz darauf eingehen, was der Einwohnerantrag bezwecken soll, was der Antrag sein soll und was er nicht sein soll.
Zunächst einmal, die Idee für diesen Antrag ist entstanden, weil im Wahlkampf viele Menschen auf uns zugekommen sind und sich über hohe Mietpreise und mangelnden Wohnraum beklagt hatten. Gerade deshalb konnten die Bürger und wir es nicht verstehen, dass es neben vielen leerstehenden privaten Wohnungen auch kommunalen Wohnraum gab, der jahrelang einfach leer stand. Dass privater Wohnraum leer steht, ist nicht schön, aber ist eine andere Sache, als, wenn die Stadt leer stehen lässt. Da man auch nicht wirklich Rückmeldung von Seiten der Verwaltung bekommen hat, warum das so ist oder ob es irgendwelche Pläne gibt, die in naher Zukunft umgesetzt werden, wollten wir mit diesem Einwohnerantrag mal zumindest den ersten Schritt starten, damit Bewegung in die Sache kommt. Und diese Bewegung gab es dann ja auch, wie ich nachher noch drauf eingehen werde.
Dabei soll dieser Einwohnerantrag vor allem auch eine Debatte darüber starten, wo wir als Kommune Wohnungspolitisch hinwollen. Denn die Zeiten verändern sich gerade. Unsere kapitalistische Wirtschaftsordnung ist mal wieder im Umbruch, Wertschöpfungsketten wandern in andere Nationen ab, der Kapitalismus tut das was er die letzten 500 Jahre gemacht hat, er ist auf der Suche nach hohen Profiten. Was bedeutet das für uns? Wir merken es, in einer stockenden Wirtschaft, wir merken es in ansteigenden Preisen, wir merken es in einer gesellschaftlichen Krise. Noch haben wir Fachkräftemangel, doch das könnte sich in den nächsten Jahren vielleicht ändern.
Für die Menschen in Deutschland und so eben auch hier in Haslach bedeutet das, dass sich viele kein Wohneigentum mehr leisten können oder wollen. Die Ratsmitglieder hier bilden eine privilegierte Position ab, die in unserer Gesellschaft aber immer weiter abnimmt. Ich glaube fast alle verfügen über privates Wohneigentum oder sind wie ich über familiäre Verhältnisse mit Wohneigentum abgesichert. So ist es deshalb meiner Meinung nach auch kein Wunder, dass der kommunale Wohnraum in dieser Stadt zu kurz kommt. Laut Sitzungsvorlage werden 3,6 % der Wohneinheiten in Haslach von der Stadt vermietet. Wobei in der Vorlage auch die Flüchtlingscontaineranlage erwähnt werden. Eine Containeranlage, in der in einer Wohneinheit teilweise 3 erwachsene Menschen zusammen auf engstem Raum wohnen. Das würde ich ehrlich gesagt nicht als kommunalen Wohnraum verkaufen, denn das sind Zustände wie im 19 Jahrhundert.
Der kommunale Wohnraum soll dazu dienen, Menschen die Möglichkeit zu geben sich zu entfalten, das Recht auf ein Zuhause zu sichern, es soll die Mietpreise in unserer Stadt stabilisieren und Menschen den dauerhaften Druck nehmen Angst davor zu haben, dass einen der Vermieter morgen kündigt. Angst, die viele Ratsmtiglieder vermutlich nicht nachvollziehen können, weil sie andere Lebensverhältnisse haben. Und das bitte nicht als Vorwurf verstehen. Kurz, kommunaler Wohnraum soll den Menschen eine Perspektive im Leben geben. Und zwar nicht nur jenen, die über keine Arbeit oder nur ein geringes Einkommen verfügen, sondern auch weite Teile der Mittelschicht. Wir haben gelernt einen Wohnungsberechtigungsschein erhält man bis zu einem Jahresbruttoeinkommen von 57.800 €.
Städte wie Wien, haben einen Anteil von kommunalen Wohnungen oder gemeinnützigen Wohnungsbau von 56,5%. Natürlich kann man sagen, das ist eine Großstadt. Aber daran liegt es nicht. Es liegt daran, dass sich die politisch Verantwortlichen früh entschieden haben, dass Wohnen ein Grundrecht ist, welches der Staat zur Verfügung stellen muss. Aber ich versuch es auch nochmal aus der Wirtschaftslogik heraus zu erklären, warum kommunaler Wohnungsbau wichtig ist. Wenn wir als Staat, also quasi als Gesamtkapitalist für eine Stabilisierung der Wohnungspreise sorgen, indem wir verhindern, dass mit Grund und Boden spekuliert und somit zahlreichen Menschen das Geld aus der Tasche gezogen wird, stützen wir auch gleichzeitig unsere lokale Wirtschaft. Nicht nur haben die Menschen mehr Geld zur Verfügung, um es vor Ort zu investieren. Nein auch die Unternehmen werden es uns danken, wenn die Lebenshaltungskosten in unserer Stadt niedrig sind, damit der Lohndruck nicht so stark ist und somit ein Wettbewerbsvorteil entsteht.
Für uns als Gemeinde hat aber kommunaler Wohnungsbau auch den Vorteil, dass wir weiterhin über den Grund und Boden dieser Stadt verfügen können. Wir sehen es beim Bahnhof. Würden uns dort diverse Grundstücke gehören, wäre es für uns wesentlich einfacher die Barrierefreiheit umzusetzen.
Aber auch auf der Einnahmenseite, kann der kommunale Wohnungsbau unsere Stadt nach vorne bringen. Die Stadtimmobilien haben 2023 ca. 118.000 € an Gewinnen eingefahren. Mehr kommunale Wohnungen bedeuten mehr Mieteinnahmen und somit auch eine Entlastung für unseren Haushalt.
Der Aussage in der Verwaltungsvorlage, man zweifle es an, ob Wirtschaftlichkeit und bezahlbares Wohnen angesichts teurer Bau- und Kaufpreise verwirklicht werden können, muss ich entschieden widersprechen. Die Frage, die wir uns stellen müssen ist, was ist denn eigentlich bezahlbarer Wohnraum? Angesichts von teilweise 12 € pro m² an Vermietungspreisen, wären auch 8 € bis 9 € für uns als LHL bei kommunalen Wohnungen bezahlbarer Wohnraum. Vor allem dann, wenn Energiekosten aufgrund von PV bzw. Solar Anlagen und Wärmepumpen die Nebenkosten drücken.
Wenn nicht wir als Staat bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen und dabei wirtschaftlich arbeiten können, ja wer soll es dann machen? Als Kommune haben wir eklatante Wettbewerbsvorteile, bei denen wir im Normalfall immer günstiger sind, als es privat Anbieter sein können. Wir haben den Zugriff auf günstigere Kredite, gerade bei Neubaugebieten gehört uns das Grundstück und wir sind im Gegensatz zu größeren Wohnungsunternehmen nicht auf immer höhere Rendite angewiesen. Gleichzeitig mag es natürlich sein, dass wir bei einem kommunalen Neubau jetzt 10 € pro m² anbieten müssen. Aber wir müssen auch in die Zukunft schauen. Denn, im Gegensatz zu unserem Beschluss aus dem letzten Jahr, sind wir nicht dazu gezwungen, die Mietpreise an den allgemeinen Mietpreisindex anzupassen. Bezahlbaren Wohnraum kommunal zu organisieren, ist also auch eine langfristige Aufgabenplanung. Das mal soweit, was dieser Antrag bezwecken soll. Nun, was dieser Antrag sein soll und was er nicht sein soll.
Der Antrag ist nicht die Lösung auf die Wohnungskrise. Er ist ein Vorschlag, wie wir mit dieser Krise umgehen und wie wir uns als Stadt strategisch für die Zukunft ausrichten möchten. Ob es überhaupt eine Lösung für diese Krise gibt ist fraglich.
Der Antrag soll auch nicht dazu dienen, mit dem Finger auf private Besitzer von Leerstand zu zeigen oder diese zur Vermietung zu zwingen. Der Antrag soll einfach versuchen jede Möglichkeit auszuschöpfen, um der Wohnungskrise entgegen zu wirken. Natürlich hat die Stadt Lahr nur sehr mäßigen Erfolg mit ihrem Konzept gehabt. Aber zum Einen ist dieses Konzept während der Corona Pandemie gestartet und zum Anderen zeigen auch Städte wie Karlsruhe, dass dort jedes Jahr 50 Kooperationen abgeschlossen werden können. Auch das ist natürlich nur einen Tropfen auf den heißen Stein, aber wie gesagt, es ist nicht die Lösung, sondern ein Teil davon.
Dieses Konzept mit Kooperationsvereinbarungen kostet uns auch nicht wirklich großartig etwas. Vor allem dann nicht, wenn sich niemand melden sollte. Und mag sein, dass wir in ein bis zwei Jahren niemanden gefunden haben, der dazu bereit ist. Aber dann können wir wenigstens sagen, wir haben es versucht. Und letztlich bringt uns jede Wohnung etwas, die wieder bewohnt werden kann.
Auch der These in der Verwaltungsvorlage möchte ich widersprechen, dass niemand seine Wohnung oder sein Haus verkaufen möchte. Es gibt in Haslach immer wieder Menschen, die das tun wollen. Man denkt aber nicht unbedingt an die Stadt. Gerade die Wohnungen im inneren Graben zeigen doch, dass es Menschen gibt, die ihren Wohnraum an die Stadt verkaufen möchten und diese dadurch dann wieder die Möglichkeit hat, die Stadtplanung weiter voran treiben zu können.
Kurz zum Abschluss möchte ich noch darauf eingehen, was dieser Antrag jetzt schon gebracht hat. In der Verwaltungsvorlage wird richtig erwähnt, dass wir Räte mittlerweile ein erstes Konzept für die Weiterentwicklung des alten Färbereiareals erhalten haben. Was es dafür aber noch nicht gibt, ist einen demokratischen Beschluss und die Diskussion, ob wir das als Stadt angehen wollen oder wieder einem privaten Investor überlassen möchten. Hier möchte ich aber nochmals erwähnen, dass es gerade bei Wohnungen für ältere Menschen extrem wichtig wäre als Stadt zu vermieten. Denn die Altersarmut dürfte mittlerweile für alle einen Begriff sein. Und diese Armut können wir nicht bekämpfen, wenn wir privaten Investoren hier den Vortritt lassen. Also lasst uns heute doch die Initiative ergreifen und uns strategisch etwas für die Haslacher Bevölkerung mit einem Beschluss für diesen Antrag tun.
Und wenn ihr das Kooperationskonzept nicht gut findet, dann bitte ich zumindest darum heute endlich mal einen Beschluss zu fassen, dass der leerstehende Wohnraum der Stadtimmobilien aktuell erfasst und ein Konzept erstellt wird, damit wir es in unmittelbarer Zukunft angehen, um diesen Wohnungen zu sanieren und den Menschen zur Verfügung stellen zu können.
Dankeschön